In Führung gehen mit Stefan Brandt

Feedback geben als Führungskraft - ohne zu verletzen

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Feedback geben als Führungskraft - ohne zu verletzen

Eine kritische Rückmeldung

Vor kurzem erreichte mich eine Anfrage von Julia - deren Name ich natürlich geändert habe - und sie schrieb mir:

"Hi Stefan,

in einem Teamgespräch zu dritt wurde meiner Kollegin von unserer direkten Vorgesetzten gesagt, sie sei zu emotional und könne Reaktionen oder E-Mails gar nicht ohne Emotionen erwidern. Das Thema wurde schon mal angebracht und jetzt fühlt sich meine Kollegin als Person angegriffen und geht davon aus, dass das Emotionale eine Persönlichkeits- oder Charakterschwäche sei. 

War das so richtig von der Führungskraft in einem Team-Meeting? Oder hätte man das anders formulieren oder darlegen müssen?

Dass sie emotional ist, stimmt. Aber eher in dem Sinne, dass sie sich vieles zu Herzen nimmt, weil sie zu dem Unternehmen steht. In der Regel sagt man doch, wenn Mitarbeiter emotional sind, stehen sie hinter der Firma und haben eine gewisse Bindung.

Anders als bei eher emotionslosen Kollegen, denen vieles egal zu sein scheint. Nach dem Motto: Nach mir die Sintflut!

Sie ist nicht aufbrausend, in Abwehrhaltung, beleidigend oder aggressiv oder Ähnliches."

Freundliche Grüße

Julia

Feedback geben und Feedback annehmen

Erstmal vielen Dank, Julia, dass du mir schreibst!

Da stecken tatsächlich mehrere Aspekte aus meiner Sicht drin.

Zum einen finde auch ich, dass es schwierig ist, solche Themen anzusprechen. Es ist eine kritische Rückmeldung und ein Konflikt. Die Vorgesetzte sieht etwas in der Kollegin, das diese anders sieht oder noch nicht erkannt hat. Und das ist auf jeden ein Fall ein Konflikt.

Diesen Konflikt in einem Team-Meeting - also vor anderen anzusprechen - ist nicht so gut. Weil dies mit einem gewissen Gesichtsverlust einhergeht, und die Kollegin dann auch sicher nicht mehr so bereit ist, in dieses Gespräch und diesen Konflikt einzusteigen.

Wie man auch sehr gut an der aktuellen Situation, die mit dieser Vorgesetzten entstanden ist, sehen kann. 

Ich weiß jetzt nicht, was alles im Vorfeld bereits geschehen ist, doch es wurde offenbar schon etwas besprochen im Vorhinein. Wahrscheinlich ist da jetzt auch eine gewisse Verzweiflung auf Seiten der Vorgesetzten, die ihren Kritikpunkt eben thematisieren will.

Für mich drückt sich da auch eine bestimmte Hilflosigkeit aus, dass sie unter Zeugen das Gespräch erneut sucht.

Das ist in diesem Fall nun natürlich nicht sehr zielführend.

Es wäre gut, solche Thematiken immer nur zu zweit zu besprechen. Ich denke, dass es besonders wichtig ist, uns das Thema "Feedback geben und Feedback-annehmen" deutlich zu machen an dieser Stelle.

Feedback geben ist ein Geschenk

Wir sollten uns bewusst machen, dass Feedback ein Geschenk ist. Das sagt sich jetzt leicht, ist aber definitiv so und gehört zur Wertschätzung. Auch, wenn es sich um eine kritische Rückmeldung handelt. Das muss man sich immer deutlich machen, auf beiden Seiten. 

Ich kann das auch als derjenige oder diejenige, der/die eine Rückmeldung gibt vorweg schieben, und sagen, "sieh mal, das ist mir total wichtig, dass du da vorankommst und dich da verbesserst, weil du mir wichtig bist, und deine Arbeitsleistung auch.“

Also deswegen: Feedback ist ein Geschenk!

Und auch eine kritische Rückmeldung ist eine Form von Wertschätzung. Weil ich damit signalisiere, dass mir die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter wichtig ist.

Feedback sollte zudem immer so bald wie möglich gegeben werden. Also nicht: "Hey, was du da vor drei Monaten gemacht hast, das ging ja gar nicht ..."

Sondern wirklich, "... gerade oder vorhin ist mir dies und jenes aufgefallen".

Je zeitnaher, desto besser.

Und es sollte so kurz wie möglich sein. Außerdem sollte darauf geachtet werden, auch das zu benennen, was es zu würdigen gibt. Das ist in dem Fall mit der Kollegin leider auch nicht passiert.

Die Kollegin ist ja nicht aus böser Absicht heraus emotional. Sondern ganz im Gegenteil - sie ist engagiert - und das ist etwas Gutes. Und sie nimmt sich die Dinge wirklich zu herzen. Sie will da weiterkommen. Und genau das ist der Punkt, den die Vorgesetzte schonmal hätte, vorweg schieben können.

Beispielsweise so: "Ich sehe, dass dies und jenes Gute passiert, aber gerade weil das das Gute ist, führt es manchmal dazu, dass du dir dann die Dinge sehr zu Herzen nimmst oder sehr emotional darauf reagierst. Bitte behalte das Gute bei, aber da wo die Übertreibung ist, da arbeite bitte dran."

Das wäre eine gute Rückmeldung.

Also: benennen, was es zu würdigen gibt!

Konkret sein beim Feedback-geben

Es sollte auch um konkretes Geschehen gehen und Beobachtungen sollten angesprochen werden. 

So dass ich wirklich hingehe und sage: "In dieser E-Mail an dieser bestimmten Stelle oder dieses und jenes finde ich zu emotional."

Also so, dass ich auch von mir aus spreche.

Die Mitarbeiterin sieht es ja, wie gesagt, ganz anders.

Sie sieht da eher die Stärke drin.

Aber mich als Führungskraft stört das oder ich finde es nicht gut.

Deswegen immer: konkrete Beispiele benennen.  

Ich sollte mir deutlich machen, dass die Absicht jeden Handels hier positiv ist. Und ich spreche jetzt nun mal die Übertreibung an, eines eigentlich positiven Verhaltens.

Es ist natürlich etwas blöd, wenn sich die Situation im Laufe der Zeit schon etwas aufgeschaukelt hat. Es gab ja offenbar mehrere Gespräche, die da stattgefunden haben.

Da fällt es mir als Führungskraft mit der Zeit immer schwerer, das Positive zu sehen.

Aber genau das sollte ich mir immer vorher in Erinnerung rufen und das Positive in solchen Feedback-Gesprächen immer in den Vordergrund stellen.

Beobachtung und Interpretation

Wichtig ist auch, die Beobachtung und die Interpretation voneinander zu trennen.

Also immer am Beispiel bleiben: was hab ich konkret beobachtet? Und: was entnehme ich daraus, was interpretiere ich?

Z. B.: "Da hast du dieses und jenes geschrieben und daraus entnehme ich mal, dass du da aus meiner Sicht ein wenig zu emotional warst."

Das ist sehr wichtig, das deutlich zu machen!

Diese Trennung fällt im Alltag eher schwer, und ist sicher auch nicht grundsätzlich von Nöten. Denn wir Menschen sind nun mal so.

Aber wenn ich tatsächlich eine kritische Rückmeldung geben will, dann sollte ich meine Beobachtung und Interpretation so gut es geht versuchen zu trennen.

Dadurch reduziert sich die Wahrscheinlichkeit, dass es bei meinem Gegenüber zu kritisch angenommen wird.

Ich sollte immer bedenken, es kann auch anders sein. Das ist nur das, was ich daraus ziehe. Auf diese Art gehe ich dann respektvoll auf mein Gegenüber zu.

Feedback annehmen

Hier sollten wir uns erstmal klar machen, dass die Rückmeldung eines anderen eine Information ist.

Es ist die Sichtweise einer einzelnen Person und nicht die Wahrheit.

Nur weil die Führungskraft geäußert hat, dass ich zu emotional bin, heißt das ja nicht, dass ich tatsächlich zu emotional bin. Sondern eben nur, dass die Führungskraft dies so wahrnimmt. 

Ich darf das dann für mich prüfen, ob ich das auch so sehe, oder nicht.

Ich brauche mich nicht zu verteidigen und ich muss es auch nicht kommentieren.

Ich kann nachfragen: "Wie kommen Sie denn darauf?"

Oder: "An welchen Beispielen machen Sie das denn fest und wie hätten Sie denn erwartet, dass ich da reagiere?"

Also ruhig neugierig an die Kritik herangehen!

Das wäre eine gute Haltung.

In dem Beispiel von Julia ist leider einiges schiefgelaufen.

Von beiden Seiten - und ich wünsche ihnen da, dass das Gespräch noch mal gesucht wird und diesmal besser auf die Formulierung geachtet wird und dass die Kollegin wiederum das Geäußerte nicht so persönlich nimmt.

Feedback geben heißt verändern wollen

Aus reichlich Seminaren und Coachings weiß ich, dass wenn ich als Führungskraft etwas verändern möchte bei meiner Mitarbeiterin oder meinem Mitarbeiter, reicht es nicht, dass ich es einfach nur benenne. Sondern meine Aufgabe ist dann wirklich, meine Mitarbeiterin oder meinen Mitarbeiter bei einem Veränderungsprozess zu unterstützen.

Bleiben wir mal bei dem Beispiel von Julia.

Es reicht nicht nur, etwas anzusprechen. Und es wäre natürlich ebenso eine Zumutung, schlicht zu sagen: "Du musst anders werden!"

Sondern es geht vielmehr darum, Ziele zu setzen und zu schauen, wo konkret Verbesserung möglich ist. Die Führungskraft sollte hier unterstützen, sodass es der Mitarbeiterin gelingt, dahin zu kommen.

Auch sollte die Führungskraft die Mitarbeiterin dann weiter beobachten und regelmäßig weitere Gespräche führen. Mindestens mal zwei Monate lang.

Nach dem ersten Feedbackgespräch vielleicht zwei, drei Wochen warten und dann wieder nachfragen, wie sich die Änderung gestaltet. In diesem Rhythmus dann weiter.

Somit spart man sich viel Frustration - auf beiden Seiten. 

Ich hoffe, dass ich hier etwas behilflich sein und ein paar Denkanstöße geben konnte, wie wir am besten mit Kritik umgehen und wie wir in der Rolle der Führungskraft auch Kritik geben.

Und dass das auch etwas Gutes ist. Nochmal deutlich machen, es ist ein Teil von Wertschätzung.

Bis zum nächsten Mal und bleiben Sie gesund!

Ihr Stefan Brandt


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Über diesen Podcast

Im Podcast "In Führung gehen" von Stefan Brandt dreht sich alles darum, wie neue Führungskräfte gut in die Führungsrolle starten. Es geht um Mitarbeitermotivation, Rollenklarheit, Erwartungsklärung, die ersten 100 Tage im Job, Delegation, Zeitmanagement, Teamentwicklung, Konfliktmanagement und eigenes Stressmanagement - eben alle Themen, die Junior-Führungskräfte beschäftigen, damit Sie den Rollenwechsel vom Kollegen zum Vorgesetzten erfolgreich meistern.

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